09.11.2022
Künstliche Intelligenz, neuronale Netze, Deep Learning – für viele klingen diese Begriffe wie der reinste Horror. Dabei können datenbasierte Dienstleistungen, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung generell großen Nutzen stiften. Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung sind natürlich das richtige Know-how und ein guter Plan von Anfang an.
Pay-per-Use und andere digitale industrielle Services sind keine leeren Worthülsen. Im Gespräch mit den Partnerbetrieben findet der Mechatronik-Cluster immer mehr echte Anwendungsfälle, die sowohl für Kunden als auch Anbieter Nutzen stiften. Industrieller Service ist viel mehr als nur „das Ding am Laufen zu halten“. Die Arbeit und das Know-how dahinter zu verkaufen, ist aber auch heute noch eine schwierige Aufgabe. Zahlreiche moderne Konzepte machen sich für Unternehmen tatsächlich bezahlt. Wenn sie es richtig angehen.
Für Datenprojekte im Unternehmen braucht es vor allem die richtigen kompetenten Partner. Die finden sich zahlreich in Österreich. Einer davon ist die IT-Power Services GmbH. Ihr Senior Data Scientist Ingo Nader hat bei nationalen und internationalen Projekten zu Machine Learning und Data Science schon viel erlebt. Dabei arbeitet er immer mit allen Stakeholdern zusammen, um datengetriebene Use Cases zu identifizieren, zu definieren und zu lösen. Seine Mission: Fortschritte und Ergebnisse verständlich zu kommunizieren. So wird er auch nicht müde, seinen Vortrag mit dem Titel „The Rocky Horror Data Show – Vom Gruselkabinett ins Wunderland“ so oft wie möglich zu halten. Darin verarbeitet er einige seiner gruseligen Erlebnissen mit Kunden auf humorvolle Art und Weise, erklärt aber auch, wie ein AI-Projekt richtig angegangen wird. Im Gespräch mit dem MC-report erklärt er detailliert, wie Unternehmen ins Wunderland der AI-Projekte gelangen.
Wie sind Sie auf Ihren Vortragstitel gekommen?
Die Inhalte für den Vortrag entstammen langjähriger Projekterfahrung. Gerade als Berater hat man Einblick in verschiedene Projekte bei verschiedensten Kunden, und nicht immer läuft alles rund. Daraus kann man viel lernen, um Projekte erfolgreicher durchführen zu können. Und wenn man ein wenig übertreibt, kann man auch einen unterhaltsamen Vortrag daraus machen -- den Titel haben meine Kollegen und ich im Team ersonnen, das war eine sehr lustige Brainstorming-Session. Und ein gutes Beispiel, warum Teamarbeit so wichtig ist, nicht nur in AI-Projekten.
Wer sollte sich diesen Vortrag anhören?
Der Vortrag berichtet von Stolpersteinen rund um AI- und andere datengetriebene Projekte, insofern richtet er sich primär an Personen, die solche Stolpersteine aus dem Weg räumen können, also Führungskräfte und Manager. Wir wollen ja schließlich möglichst unfallfrei ins Wunderland wandern. Aber der Vortrag ist auch für alle anderen interessant, die mit Daten arbeiten, etwa Projektmanager, Data Owner oder einfach dateninteressierte Menschen. Wenn man selbst in einem Gruselkabinett arbeitet, dient er vielleicht auch der Psychohygiene.
Warum fühlen Sie sich bei manchen Projekten wie im Gruselkabinett?
Ich mag das Gruselkabinett, denn ich sehe es eher als Herausforderung. Jedes Projekt hat seine gruseligen Seiten, und ich finde es sehr spannend, den Grusel zu entzaubern und gangbare Lösungen zu finden. Das bezieht sich auf die eigentliche Arbeit mit Daten und genauso auf die menschlichen und zwischenmenschlichen Aspekte, die bei Projekten an den Tag treten können. Insbesondere bei solchen, die etwas Unbekanntes an sich haben, wie eben AI-Projekte.
Wer ist in ihrem Vortrag Frankensteins Monster?
Frankensteins Monster entsteht, weil Dr. Frankenstein aus totem Material, das er zusammengetragen und zusammengeflickt hat, ein lebendiges Wesen schafft. So scheint es mir manchmal auch bei Datenprojekten zu sein: Die Daten werden irgendwo gesammelt, oft wissen das auch nur wenige Mitarbeiter im Unternehmen. Noch weniger Mitarbeiter wissen, was die Daten eigentlich bedeuten. Und erst, wenn man die Daten dann verwenden will, bemerkt man, wie schlecht es eigentlich um ihre Qualität steht. Auch Dr. Frankenstein bemerkt erst, als er seine Kreatur zum Leben erweckt, dass er sie abstoßend findet.
Wie kommt man aus diesem Gruselkabinett heraus?
Es gibt viele Möglichkeiten, sich aus dem Gruselkabinett herauszubewegen, Schritt für Schritt. Das Wichtigste ist die Erkenntnis, dass Daten ein Unternehmens-Asset sind. Genau wie eine Maschine in der Fertigungshalle oder ein Lkw im Fuhrpark. Daten produzieren zwar keine Teile, aber sie produzieren Information, wenn sie richtig behandelt werden. Und diese Information kann verwendet werden, um das eigene Unternehmen besser zu verstehen und besser zu steuern. Wenn der Wert erkannt ist, ist der nächste Schritt das Commitment des Managements. So kann es zu konkreten Initiativen kommen, die Daten im Unternehmen zu verwenden, zu integrieren und zu katalogisieren und schließlich für sinnvolle und gewinnbringende Zwecke zu verwenden.
Welche Stolpersteine gibt es bei Digitalisierungs- bzw. AI-Projekten?
Es gibt einige Stolpersteine, aber es gibt keine die man nicht aus dem Weg räumen oder umgehen könnte. Wir helfen Unternehmen dabei, die richtigen Schritte zu setzen, um Dateninitiativen von Anfang an richtig aufzusetzen, sowohl technisch als auch organisatorisch: Viele Probleme in Projekten ergeben sich daraus, dass es Widerstände bei Mitarbeitern im Projekt oder rund um das Projekt gibt. Hier sind Information und Change Management adäquate Mittel. Was man nicht kennt, macht Angst. Auf solche Ängste muss im Projekt eingegangen werden, besser noch im Vor- und Umfeld des Projekts mit der richtigen Strategie.
Was bedeutet es, dass die Geschäftsführung ein Grundverständnis für/von AI haben sollte?
In erster Linie muss die Bereitschaft da sein, Erkenntnisse aus Daten zuzulassen. Das beginnt schon lange vor AI, nämlich bei Reports und Dashboards. Bei AI-Projekten kommt dazu, dass es sich im Kern um Forschungsprojekte handelt. Einerseits ist vor dem Projekt nicht immer klar, ob die verwendeten Daten auch genug Information enthalten, also ob die jeweilige Problemstellung mit den vorhandenen Daten beantwortet werden kann. Andererseits können neue Erkenntnisse auftreten, mit denen niemand gerechnet hat. Diese Erkenntnisse sind oft sehr wertvoll für Unternehmen, weil interne Abläufe oder relevante Prozesse besser verstanden werden.
Was sollte der allererste Schritt bei einem AI-Projekt sein?
Innehalten und nachdenken und gemeinsam festhalten, welche Frage man eigentlich beantworten will. Das klingt trivial, aber es ist alles andere als das. Viele Unternehmen sind so in ihren eigenen Abläufen gefangen, dass die Frage gar nicht klar artikuliert werden kann. Dazu ist es notwendig, die bestehenden Abläufe zu verstehen, die mittels AI optimiert werden sollen. Ebenso sollte man sich vorab darüber im Klaren sein, wann ein Use Case als erfolgreich angesehen wird: Es braucht eine klare Erfolgsdefinition. Diese grundlegenden Fragen, die Verfügbarkeit und Eignung der relevanten Daten und ein paar andere Details versuchen wir, vor der eigentlichen Projektbearbeitung mit allen Stakeholdern im Projekt zu klären. Denn schon hier wird der Grundstein für eine erfolgreiche Projektbearbeitung gelegt.
Was ist die perfekte Motivation, der ideale Grund für ein AI-Projekt im Unternehmen?
AI ermöglicht es, Erkenntnisse aus Daten zu ziehen und damit den Wert, der in den Daten liegt, zu heben. AI ist ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist immer die Lösung eines (Business-)Problems, etwa die Optimierung von bestehenden Abläufen oder das frühzeitige Erkennen von Maschinenausfällen. Wenn es also in einem Unternehmen ein Business-Problem gibt, dann muss über Lösungen und Werkzeuge nachgedacht werden, um dieses Problem zu lösen. AI ist dann das richtige Werkzeug, wenn Daten zur Lösung des Problems herangezogen werden können.
Sie erwähnen auch Chucky, die Mörderpuppe, in Ihrem Vortrag. Wen oder was ermordet sie und wer ist dieser Mörder im Unternehmen bzw. AI-Projekt?
Im Vortrag tritt Chucky auf den Plan, als klar wird, dass nicht alle relevanten Daten erfasst wurden. Es gibt also keine Gesamtsicht auf den relevanten Prozess. Ein klassisches Beispiel sind Maschinendaten: Sensoren erfassen alle relevanten Parameter während des Produktionsprozesses, die auf Seiten der Produktionsmaschine selbst entstehen. Wenn allerdings ein Servicetechniker einen Teil tauscht oder auf andere Art und Weise in den Prozess eingreift, wird das oft nur auf Papier dokumentiert, falls überhaupt. Daten, die nicht systematisch erfasst werden und digitalisiert sind, sind für AI-Projekte nur schwer verwendbar, d. h. die AI ist dann sozusagen auf einem Auge blind. Chucky ermordet also die Gesamtsicht auf den Prozess oder sticht dem AI Projekt zumindest ein Auge aus.
Wir wollen alle ins Wunderland der Digitalisierung. Wie gelangen wir dorthin?
Auch hier gilt: Schritt für Schritt und mit Commitment des Managements. Wenn erkannt wird, dass Daten ein wertvolles Unternehmensasset sind, ist es nur eine logische Folge, dass Initiativen ins Leben gerufen werden, die vorhandene Prozesse digitalisieren.
Sie sprechen immer davon, dass der Wert der Daten im Unternehmen erkannt werden muss. Können Sie diesen Wert für den Finanzvorstand beziffern?
Ich habe meine Glaskugel leider gerade nicht bei der Hand... Eine konkrete Antwort auf diese Frage ist leider kaum möglich. Eine polemische Gegenfrage wäre: Welchen finanziellen Wert hat es für eine Gesellschaft, wenn sie demokratisch regiert wird anstatt autoritär? Daten ermöglichen es, dass Entscheidungen im Unternehmen nachvollziehbar werden und dass sie hinterfragt und diskutiert werden können. Daten ermöglichen es auch, dass man aus den Vorgängen im Unternehmen etwas lernen kann. Natürlich kann für einzelne Use Cases auch ein Business Case gerechnet werden, aber eine pauschale Aussage ist nicht möglich.
Wie begleiten Sie Unternehmen konkret ins Wunderland?
Wir begleiten Unternehmen dabei, ihre ersten AI-Projekte zu identifizieren, zu definieren und durchzuführen. Dabei können wir das Projekt in Abstimmung mit dem Kunden selbst durchführen oder wir können den Kunden dazu befähigen, selbst die ersten Schritte in Richtung AI zu unternehmen. Für strategische Aspekte, die für die Einbettung von AI im Unternehmen wichtig sind, treten wir gemeinsam mit unserem Partner mosaiic auf. So können wir auch allgemeine Digitalisierungsbelange, die im Rahmen von AI wichtig sind, besser abdecken.
Und wie sieht dann konkret das Happy End mit der Grinsekatze im Wunderland aus?
Spoiler Alert: Es gibt kein Happy End. Wer lernen will, befindet sich auf einer lebenslangen Reise. Das gilt auch für das Lernen aus Unternehmensdaten, also die Anwendung von AI. Aber man muss sein Leben nicht im Gruselkabinett verbringen, dafür ist es zu kurz. Denn mit Commitment und den richtigen Maßnahmen ist es nicht schwer, einen guten Weg heraus zu finden.
Klaus Haderer hat das Unternehmen mit dem Ziel gegründet, hochqualitative Dienstleistungen rund um IBM Power Systeme, IBM i und IBM Storage anzubieten. Diesem Kern ist das Team treu geblieben, hat aber das Portfolio kontinuierlich erweitert. Heute betreibt IT-Power Services für ihre Kunden komplexe IT-Systemlandschaften und berät sie in Bezug auf deren Optimierung. Um die Komplexität im Datacenter im Griff zu behalten, entwickelte das Team TRIN[IT]Y – eine Lösung zum Performance Management und -Monitoring komplexer IT-Infrastrukturen. Sie überwacht agnostisch alle Komponenten des Hersteller-, Hardware- und Betriebssystems und setzt bis zu fünf Metriken visualisiert in Beziehung. Mittlerweile überwacht TRIN[IT]Y auch große Applikationen wie SAP gemeinsam mit der Hardware, auf der sie laufen. Das Data Science, DevOps und AI-Team arbeitet einerseits an den AI-Komponenten von TRIN[IT]Y (Stichwort Anomaly Detection), andererseits an datenbezogenen Projekten mit den Kunden. Weiters führt die IT-Power services GmbH selbst AI- oder Optimierungsprojekte durch oder berät Kunden beim Einstieg in datengetriebene Projekte. Denn meist sind noch unternehmensinterne organisatorische Aufgaben der Kunden bis zum ersten Data-Science-Projekt umzusetzen. Dabei ist es dem Team ein wichtiges Anliegen, die Kunden dazu zu befähigen, selbst ins Tun zu kommen und sie mit dem Ziel zu begleiten, dass sie künftig selbstständig AI-Projekte durchführen können.
Hier geht’s zum Videovortrag:
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