09.09.2020
Der NKE AUSTRIA GmbH ist ein Meilenstein in der Produktentwicklung gelungen. Das neue Modulare Sensorsystem MoSS macht Wälzlager smart und fit für die Herausforderungen des Industrial Internet of Things. Die Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM) war bei der Entwicklung dieser Weltneuheit mit an Bord.
Dem Industrial Internet of Things-Team von LCM ist es gelungen, die Vision von NKE und den aktuellen Wissensstand der Technik in ein serienreifes Produkt zu übersetzen. Das MoSS arbeitet zu 100 Prozent kabellos und energieautark, überwacht online betriebskritische Werte wie Drehzahl oder Temperatur, überträgt diese an einen Data Logger und schlägt bei Gefahr im Verzug automatisch Alarm. Etwa, bevor Heuballen in der Presse zu brennen beginnen. Das alles ermöglicht eine vorausschauende Wartung, macht den Betrieb deutlich ausfallsicherer und sichert NKE damit einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil in einem umkämpften Markt.
„Im Jahr 2017 waren wir mit unseren Wälzlagern international sehr erfolgreich. Dennoch haben wir uns dazu entschlossen, sie durch zusätzliche Funktionen aufzuwerten und so neue Geschäftsmodelle zu erschließen“, erinnert sich Klaus Grissenberger, Leiter für Advanced Engineering bei NKE, „mit unserer Idee haben wir allerdings technisches Neuland betreten. Deshalb haben wir uns auf die Suche nach einem kompetenten, umsetzungsstarken Entwicklungspartner gemacht.“ Weil es die Kernkompetenz von LCM ist, den aktuellen Stand der Wissenschaft in konkrete Lösungen und marktreife Produkte zu übersetzen, fiel die Wahl von NKE auf die Linzer Mechatronik-Experten.
„Als NKE an uns herangetreten ist, war uns noch nicht wirklich bewusst, was es bedeutet, ein Wälzlager ‚smart‘ zu machen. Deshalb mussten wir gemeinsam mit NKE erst einmal definieren, was eine potenzielle Lösung überhaupt leisten muss“, betont Gerhard Kaineder, Team Leader Industrial Internet of Things (IIoT) bei LCM. Dazu zählen die Zustandsermittlung und -überwachung in Echtzeit, die kabellose Datenübermittlung, die Möglichkeit des nachträglichen Einbaus in bestehende Komponenten und vieles mehr.
„Ohne Kabel Daten aus dem Inneren eines Wälzlagers zu übertragen, ist wie ein Ausbruchsversuch aus einem Faradayschen Käfig“, findet Kaineder eine treffende Analogie. So waren die extrem schwierige technische Umgebung, die komplizierten Einbausituationen und die Schaffung einer dauerhaften Energieversorgung ohne Kabel die größten Hürden auf dem Weg zu einem serienreifen Produkt. In einem intensiven Prozess hat das LCM-Team schließlich das MoSS entwickelt – und damit eine ebenso außergewöhnliche wie flexible Lösung für sämtliche Anforderungen gefunden.
Kernstück der Innovation ist die hochmoderne Elektronik, die über integrierte Sensoren für Drehzahl und Temperatur, eine leistungsstarke Bluetooth-Verbindung zum Data Logger sowie Komponenten zum Energy Harvesting verfügt. Der Data Logger ist zusätzlich via LTE und LAN an eine Cloud angebunden sowie mit einer Recheneinheit für erste Datenauswertungen ausgestattet. Das gesamte System ist äußerst robust und für einen Einsatzbereich von -20° C bis 120° C bestens gerüstet.
„Den Einsatzmöglichkeiten des neuen Systems sind kaum Grenzen gesetzt“, betont LCM-Geschäftsführer Gerald Schatz, „vom Condition Monitoring in Echtzeit über die Garantieüberwachung bis hin zur vorausschauenden Wartung und Fehlerfrüherkennung tun sich damit zahlreiche neue Anwendungsfelder auf, die vor kurzem noch undenkbar waren.“ Bei der vorausschauenden Wartung wird zuerst der Soll-Zustand definiert, der während des Betriebs permanent mit dem tatsächlichen Ist-Zustand abgeglichen wird. Auf Basis dieser Daten erstellt das MoSS automatisch eine Zukunftsprognose und leistet so einen entscheidenden Beitrag zur Fehlerfrüherkennung und zur Betriebssicherheit.
Ein typisches Einsatzgebiet von Wälzlagern sind Heuballenpressen. Durch mangelnde Wartung bzw. bei Lagerversagen nach dem Erreichen der Lagergebrauchsdauer kann hier eine enorme Brandgefahr entstehen. Deshalb kommen die neuen smarten NKE-Lager an Positionen mit starker Erwärmung zum Einsatz, wo sie die Drehzahl und die Temperatur in Echtzeit überwachen. Die Daten des MoSS werden in die Steuerungseinheit der Ballenpresse integriert, wobei die Möglichkeit besteht, bei Überschreiten einer voreingestellten Schwellentemperatur automatisch eine Löschvorrichtung zu aktivieren oder die Maschine abzuschalten.
Bei Seilbahnen hat die Sicherheit naturgemäß ebenfalls höchste Priorität. Pro Stütze könnten künftig mehrere Seilrollen mit Lagern für die Seilaufhängung zum Einsatz kommen, wobei alle Lager gekoppelt wären und dieselbe Temperatur und Drehzahl aufweisen müssten. Lager mit MoSS könnten die Arbeit des Servicepersonals in diesem sicherheitskritischen Bereich durch die Möglichkeit zur Ferndiagnose deutlich erleichtern. „Die Anwendungsmöglichkeiten des neuen MoSS sind bereits jetzt enorm. Sie werden allerdings in Zukunft durch die Integration zusätzlicher Sensoren – etwa für Vibrationen, Lasten, Drehmoment oder Verschleiß – sowie neue Analyse- und Prognosetools stetig weiterwachsen“, erwartet Klaus Grissenberger eine boomende Nachfrage.
Das könnte Sie auch interessieren:
Digitaler Zwilling für
Aluminiumstrangguss