Hürden und Wegbereiter von zirkulären Geschäftsmodellen

verschiedene elektronische Bestandteile und Sensoren
Elektro- und Elektronikgeräte werden in Mitteleuropa künftig nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft hergestellt. Dieses Ziel hat sich die EU gesetzt. Voraussetzungen dafür soll das EU kofinanzierte Projekt „Circotronic“ schaffen © unsplash/Robin Glauser

08.01.2024

Der Weg von einem linearen zu einem kreislauffähigen Geschäftsmodell ist mit zahlreichen Herausforderungen gepflastert. Doch die zu bewältigen, lohnt sich. Denn Marktumfragen des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigen, dass Unternehmen mit ganzheitlichen zirkulären Strategien langfristig erfolgreicher sind. Im Rahmen des Projekts CIRCOTRONIC unterstützen der Cleantech- und Mechatronik-Cluster von Business Upper Austria heimische Unternehmen dabei, ihre Geschäftsmodelle nachhaltiger und im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu gestalten.

Ressourcen so lange wie möglich nutzen, Primärmaterialien einsparen, das Abfallaufkommen minimieren und damit Umweltschäden reduzieren – so lauten die wesentlichen Ziele der Kreislaufwirtschaft. Durch Weiterverwenden, Wiederverwerten und das Recycling von Produkten und Rohstoffen sowie dank eines ressourceneffizienten Produktdesigns (Ecodesign) sollen Kosten gespart, das Abfallaufkommen reduziert und ein Marktvorteil erzielt werden.


Kreislaufwirtschaft

Um Kreislaufwirtschaft umzusetzen, braucht es zirkuläre Geschäftsmodelle (Circular Business Models). Das bedeutet mehr, als einzelne Unternehmensbereiche nachhaltiger zu gestalten. Dieser Ansatz befasst sich mit den Kernelementen eines Unternehmens. Bei einer zirkulären Transformation wird hinterfragt, welches Nutzenversprechen geboten wird, wie die Wertschöpfungsarchitektur auszusehen hat, welches Ertragsmodell verwendet wird und wie das alles in eine Wettbewerbsstrategie einzubetten ist. Bei zirkulären Geschäftsmodellen erfolgt die Gewinnmaximierung nicht mehr nur durch Kostensenkung und Umsatzsteigerung, sondern durch eine möglichst lange Nutzungsdauer von Produkten und Ressourcen sowie durch einen minimalen Ressourceneinsatz und möglichst wenig Abfallaufkommen. Das Institut der deutschen Wirtschaft definiert zirkuläre Geschäftsmodelle wie folgt:

„Zirkuläre Geschäftsmodelle sind Geschäftsmodelle, die auf die Ermöglichung, Schließung, Schaffung oder Verlängerung von Kreisläufen ausgerichtet sind, indem sie Werte so lange wie möglich erhalten und Ressourcen schonen, bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.“

Zirkuläre Geschäftsmodelle konzentrieren sich somit einerseits darauf, Ressourcenkreisläufe zu verlangsamen, zu verlängern und zu schließen und zum anderen darauf, lineare Produktions- und Geschäftsmuster zirkulär zu gestalten. Letzteres gelingt durch Umstrukturierung, Innovation und die Erschließung neuer Bereich. Dass die Wirtschaft weitgehend noch nicht zirkulär oder kreislauffähig ist, zeigen die Schwierigkeiten, die sich beim Realisieren von zirkulären Geschäftsmodellen ergeben.


Hürden und Wegbereiter

Vasileios Rizos und Julie Bryhn vom Center for European Policy Studies (CEPS) in Belgien haben in einem Paper die Hürden und Wegbereiter (Enabler) zusammengefasst, die Unternehmen bei der Transformation zu einem zirkulären Geschäftsmodell begleiten. Sie werden in folgende Kategorien unterteilt:

  • Politik & Recht
  • Ökonomie
  • Wertschöpfungskette
  • Technologie
  • Konsumenten & Gesellschaft
  • Organisation

Politik & Recht

In diesem Bereich gelten vor allem bürokratische Hürden, die sich aufgrund komplexer rechtlicher Anforderungen ergeben, als besonders herausfordernd. So werden z. B. Recycling- oder Verbringungsprozesse erschwert, weil die Rechtslage oft nicht eindeutig ist, was wiederum verhindert, dass Produkte entsprechend aufbereitet oder recycelt werden können. Weitere Herausforderungen sind der illegale Transport von Elektroschrott, die teilweise schwache Durchsetzung der Abfallgesetzgebung, eine unwirksame Steuerpolitik sowie ineffiziente Ecodesign-Anforderungen bezüglich Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz. Während komplexe rechtliche Regelungen als bürokratische Hürde gesehen werden, sind klare regulatorische Anforderungen und Standards, die die Kreislaufwirtschaft fördern, echte Wegbereiter. Letztere sorgen zum Beispiel dafür, dass Produkte und Unternehmen im Sinne ihrer Nachhaltigkeit verglichen werden können (z. B. Rahmen zur Ökobilanzierung). Dies schafft nicht nur Transparenz, sondern auch eine belastbare Informationsgrundlage. Zudem gelten auch infrastrukturelle Verbesserungen, Programme für den Aufbau von Kapazitäten und Technologien sowie die Bereitstellung von Marktprognosen als Chancen. Auch die freiwillige Verpflichtung von Unternehmen zur Erreichung von Umweltzielen sowie finanzielle Incentives für Unternehmen können Wegbereiter sein.


Ökonomie & Finanzen

Finanzielle und ökonomische Hürden liegen vor allem in den hohen und als risikoreich erachteten Investitionskosten, die mit Kreislaufwirtschaftsprozessen verbunden sind. Auch die Unsicherheit bezüglich der Profitabilität von zirkulären Geschäftsmodellen bremst die Entwicklung ein. Auf der anderen Seite können durch zirkuläre Geschäftsmodelle das Abfallaufkommen und der Energiebedarf gesenkt und somit Kosten gespart werden. Zudem verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und neue Absatzwege können geschaffen werden.


Wertschöpfungskette

Eine Frage, die sich bei Kreislaufwirtschaftskonzepten häufig stellt, ist jene nach den Eigentumsrechten. Dabei gilt es zu hinterfragen, wer im geschlossenen Kreislauf die Verantwortung für Ressourcen und somit zumeist auch die Kosten trägt. Zu weiteren Herausforderungen im Sinne der Wertschöpfungskette zählen fehlende oder unterentwickelte Sekundärrohstoff- und Komponentenmärkte, geografische Limitationen, fehlende Zusammenarbeit und mangelnder Austausch zwischen Stakeholdern.

Zu den Enablern in diesem Bereich zählen zum Beispiel langfristige Beziehungen mit Partner:innen und Netzwerken sowie der Austausch über Plattformen. Durch einen umfassenden Austausch wird die Informationsgrundlage optimiert, was Innovationen und Entwicklungen im Sinne der Kreislaufwirtschaft fördert.


Technologie

Zu den technologischen Hürden zählt vor allem die fehlende Verfügbarkeit von Lösungen, die es braucht, um etwa Prozesse effizienter zu gestalten (z. B. Recyclingtechnologien für seltene Erden). Existieren diese Technologien, braucht es einige Zeit, bis sie sich etablieren, da sich der ökonomische Vorteil, wenn existent, zumeist in Grenzen hält. Auch das komplexe Datenmanagement, das die Kreislaufwirtschaft mit sich bringt, sowie das Fehlen an Personal, um neue Technologie umzusetzen, werden als Herausforderungen in diesem Bereich gesehen. Letzteres gilt insbesondere für KMU.

Neben technologischen Fortschritten (z. B. in Sachen Recycling) wirkt auch die Digitalisierung als wesentlicher Enabler für immer neue zirkuläre Geschäftsmodelle.


Konsumenten & Gesellschaft

Das limitierte gesellschaftliche Engagement gilt als wesentliche Hürde für eine zirkuläre Transformation. Während manche Studien zwar darauf hinweisen, dass das Interesse hierfür wächst, indizieren andere, dass in der Realität nur ein Bruchteil bereits zirkuläre Produkte und Services nachfragt. Aufgrund von Faktoren wie dem sozialen Ansehen oder die Sorge um die Qualität tendieren Kund:innen noch häufig zum Neukauf und verzichten auf den Erwerb von Secondhand oder wiederaufbereiteten Produkten. Auch ein fehlendes Bewusstsein und Irrtümer in Sachen Kreislaufwirtschaft gelten aktuell noch als Hürden in dieser Kategorie.

Das tendenziell wachsende Interesse kann allerdings durchaus als Enabler gesehen werden. Wer also langfristig Kundenanforderungen und der Nachfrage entsprechen will, muss das eigene Geschäftsmodell nachhaltig umzustrukturieren.


Organisation

Innerhalb von Unternehmen erschweren oftmals komplexe hierarchische Strukturen und Managementsysteme eine Transformation. Auch fehlendes Bewusstsein zum Thema Nachhaltigkeit insbesondere in der Senior-Management-Ebene und das Fehlen einheitlicher Indikatoren, die den Erfolg einer zirkulären Transformation des Geschäftsmodells messbar machen, stellen Hürden dar.

Zu den Wegbereitern in diesem Bereich zählt das Bewusstsein über die Umweltauswirkungen, die durch die eigenen Unternehmensprozesse verursacht werden. Dies sowie das Bewusstsein darüber, dass Ressourcenknappheit und somit Engpässe langfristig das eigene Unternehmen ohnehin zu einer Änderung der Geschäftsprozesse zwingen werden, treiben das Schaffen eines zirkulären Geschäftsmodells voran.


Fazit

Dass die Transformation von einem linearen zu einem kreislauffähigen Geschäftsmodell herausfordernd ist, steht außer Frage. Doch es lohnt sich, sich dieser Herausforderung zu stellen – nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht. Diese drei Punkten sollten dabei bedacht werden:

Ein zirkuläres Geschäftsmodell wird nicht im Alleingang geschaffen, es braucht die Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungskette (insbesondere bei der Entwicklung von Produkten).

Es gibt nicht den einen richtigen Weg für Unternehmen beim Realisieren von Kreisläufen.

Es müssen nicht zwangsläufig alle zirkulären Strategien im gesamten Unternehmen verfolgt werden. Zu Beginn können auch einzelne Unternehmensbereiche oder definierte Strategien priorisiert werden.


Quellen:

  • Implementation of circular economy approaches in the electrical and electronic equipment (EEE) sector: Barriers, enablers and policy insights von Vasileios Rizos und Julie Bryhn; Veröffentlicht im Journal of Cleaner Production 338 (2022)
  • Zirkuläre Geschäftsmodelle – Wie zirkulär sind Unternehmen von Sarah Fluchs, Adriana Neligan, Carmen Schleicher und Edgar Schmitz; Veröffentlichung: IW-Report 27/2022


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Georg Alber, BSc

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