Auf dem Weg zum zirkulären Geschäftsmodell: Hürden & Wegbereiter

 Workshop zur Identifizierung von Herausforderungen bei der Firma KEBA © Business Upper Austria
Workshop zur Identifizierung von Herausforderungen bei der Firma KEBA © Business Upper Austria

23.09.2024

Ressourcen so lange wie möglich nutzen, Primärmaterialien einsparen, das Abfallaufkommen reduzieren und damit einhergehende negative Umweltauswirkungen reduzieren – so lauten die wesentlichen Ziele der Kreislaufwirtschaft. Dabei greift eine Hand in die andere, wer Ressourcen im Kreislauf führt, wer weiterverwendet, wiederverwendet, ökologisch gestaltet und Recycling möglich macht, reduziert sowohl seinen Primärrohstoffbedarf als auch die damit einhergehenden Umweltauswirkungen – zumindest in der Theorie. 

 

Kreislaufwirtschaft  

Um die Kreislaufwirtschaft umzusetzen, braucht es zirkuläre Geschäftsmodelle. Dabei wird an den Kernelementen eines Unternehmens angesetzt. Bei einer zirkulären Transformation wird hinterfragt, welches Nutzenversprechen geboten wird, wie die Wertschöpfungsarchitektur auszusehen hat, welches Ertragsmodell verwendet wird und wie das alles in eine Wettbewerbsstrategie einzubetten ist. Der Fokus verschiebt sich und rückt ab von der reinen Gewinnmaximierung durch Umsatzsteigerung. Das Institut der deutschen Wirtschaft definiert zirkuläre Geschäftsmodelle wie folgt:  

„Zirkuläre Geschäftsmodelle sind Geschäftsmodelle, die auf die Ermöglichung, Schließung, Schaffung oder Verlängerung von Kreisläufen ausgerichtet sind, indem sie Werte so lange wie möglich erhalten und Ressourcen schonen, bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.“ 

Um lineare Produktions- und Geschäftsmuster zirkulär zu gestalten, braucht es Umstrukturierung, Innovation und den Blick über den Tellerrand. Wovon Unternehmen beeinflusst werden, zeigen die Hürden und Wegbereiter am Pfad zur zirkulären Transformation. 

HINWEIS: Interesse am Thema Circular Business Models & Design4Sustainability? Das Forum Engineering 2024 am 27. November widmet sich heuer neben dem Digitalen Roten Faden, der sich optimalerweise durch ein Unternehmen und dessen Lieferkette zieht, auch genau diesen Themen. Detaillierte Informationen finden Sie HIER.  

Hürden & Wegbereiter auf dem Weg zum zirkulären Geschäftsmodell 

V. Rizos und J. Bryhn vom Center for European Policy Studies (CEPS) aus Belgien haben die Hürden und Wegbereiter gesammelt und sie in 6 Kategorien untergliedert: 

Politik & Recht 

Vor allem bürokratische Hürden, die sich aus komplexen rechtlichen Anforderungen ergeben, gelten für Unternehmen als herausfordernd. So werden zum Beispiel das Recycling und die Wiederaufbereitung erschwert, weil die Rechtslage oftmals missverständlich formuliert ist. 

Zeitgleich können klare regulatorische Anforderungen und Standards aber auch als Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft gesehen werden. So können diese zum Beispiel für Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen und Produkten sorgen (z. B. Vorgabe von Umweltkennzahlen). 

Ökonomie & Finanzen 

Hohe Investitionskosten, das oftmalige Fehlen der Profitabilität bei Kreislaufwirtschaftsprozessen und die Tatsache, dass diese als risikoreich erachtet werden, stellen wesentliche Hemmschwellen seitens der Ökonomie dar.  

Unterdessen führen zirkuläre Geschäftsmodelle aber auch zur Reduktion des Abfallaufkommens und Energiebedarfs und ermöglichen so Kosteneinsparungen. Zudem verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und neue Absatzwege eröffnen sich.  

Wertschöpfungskette 

Dieser Bereich birgt aktuell noch eine Vielzahl an Herausforderungen. Neben der Frage nach den Verantwortungsträgern für Ressourcen stellen auch fehlende oder unterentwickelte Sekundärrohstoff- und Komponentenmärkte, geografische Limitationen, fehlende Zusammenarbeit und mangelnder Austausch zwischen Stakeholdern Hürden dar. 

Als Wegbereiter hierbei werden starke Beziehungen mit Partner:innen und Netzwerken sowie der Austausch über Plattformen gesehen. Diese schaffen eine umfassende Informationsgrundlage, die Innovation und Entwicklung im Sinne der Kreislaufwirtschaft fördert. 

Technologie 

Das Fehlen an Technologien, die es zum Beispiel braucht, um Recyclingprozesse effizienter zu gestalten, beziehungsweise das Fehlen des ökonomischen Mehrwerts dieser Technologien, sofern es sie gibt, bremst eine nachhaltige Entwicklung auch weiterhin aus – zu einfach, zu unkompliziert und zu billig ist die Beschaffung von beispielsweise Primärrohstoffen im Vergleich. Auch das komplexe Datenmanagement, welches die Kreislaufwirtschaft mit sich bringt, sowie das Fehlen von Personal, welches neue Technologien bedient, gilt insbesondere für KMU als Herausforderung. 

Im Umkehrschluss gelten technologische Fortschritte ebenso wie die Digitalisierung als Enabler. Die neuen Möglichkeiten, die sich aus Fortschritten in diesen Disziplinen ergeben, bereiten den Weg für immer neue und ökonomisch vielversprechende zirkuläre Geschäftsmodelle. 

Konsumenten & Gesellschaft 

Das limitierte Engagement seitens der Gesellschaft gilt als wesentliche Hürde für eine zirkuläre Transformation. Während manche Studien zwar darauf hinweisen, dass das Interesse hierzu wächst, indizieren andere, dass die Nachfrage nach zirkulärem Gut in der Realität minimal ist. Gründe, die am Erwerb von wiederaufbereiteten Produkten hindern, sind die Sorge um die Qualität sowie das eigene soziale Ansehen. Auch ein fehlendes Bewusstsein und Irrtümer in Sachen Kreislaufwirtschaft gelten als Hindernis. 

Das wachsende Interesse, auch wenn es in der Realität noch nicht sichtbar ist, kann allerdings auch als Enabler gesehen werden. Wer Kundenanforderungen langfristig entsprechen will, wird sich daher langfristig mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell auseinandersetzen müssen. 

Organisation 

Komplexe hierarchische Strukturen und Managementsysteme ebenso wie fehlendes Bewusstsein im Nachhaltigkeitsbereich, insbesondere in der Senior-Management-Ebene, können nachhaltige Transformation erschweren. Zudem fehlt es oftmals an einheitlichen Indikatoren, die den Erfolg eines zirkulären Geschäftsmodells messbar machen würden. 

Gleichzeitig wird hier ein hohes Bewusstsein für die unternehmenseigenen Umweltauswirkungen als Motivator gesehen. Auch Themen wie Ressourcenknappheiten und Engpässe zwingen Unternehmen langfristig zur zirkulären Adaption von Geschäftsprozessen und gelten somit als Enabler. 

Fazit 

Dass die Transformation eine herausfordernde ist, steht außer Frage, dass sie sich lohnt, allerdings auch. Marktumfragen des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigen, dass Unternehmen mit ganzheitlichen zirkulären Strategien erfolgreicher sind. Wer sich einer Transformation stellt, sollte das Folgende verinnerlichen: 

Es gibt keinen einzig richtigen Weg zur Zirkularität und es gibt auch keinen Alleingang bei der Transformation. Es braucht starke Netzwerke und Partnerschaften und es braucht den Mut zur Abkehr vom Status quo. 

Die EU-Interreg-Projekte CIRCOTRONIC und Plan-C beschäftigen sich mit eben diesen Herausforderungen und Wegbereitern. 

CIRCOTRONIC 

Das CIRCOTRONIC-Konsortium konzentriert sich auf die Unterstützung der mitteleuropäischen Elektro- und Elektronikindustrie bei der zirkulären Transformation. Im Projekt befasst man sich neben der Schaffung von sogenannten Circular Labs sowie der Erarbeitung von Umsetzungsmaßnahmen für die CEAP mit der Entwicklung, Auswahl und Testung von Tools. Das Team der Business Upper Austria bietet KMU und Midcaps (bis 3.000 Mitarbeiter) dabei die Gelegenheit, kostenlos an Workshops teilzunehmen, die die Entwicklung zirkulärer Geschäftsprozesse und -modelle zum Ziel haben. Bei Interesse an einem unternehmensspezifischem oder -übergreifendem Workshop freut sich das Projektteam über eine Kontaktaufnahme. Als weitere Aktivität wurden auch regelmäßige Treffen für den Erfahrungsaustausch zum Thema Kreislaufwirtschaft ins Leben gerufen, auch hier ist Neuzugang willkommen. 

Plan-C 

Das Plan-C – Konsortium setzt den Fokus auf die Transformation der Kunststoff-Wertschöpfungskette im Donauraum in Richtung Kreislaufwirtschaft. Dabei werden einerseits Kunststoffproduzenten unterstützt, bereits die Produktentwicklung auf die Kreislauffähigkeit auszurichten. Andererseits werden die Maschinenbaufirmen angeleitet, die einzelnen Lebenszyklusphasen einer Maschine in Richtung Kreislaufwirtschaft zu transformieren und auch entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dazu laden wir interessierte Firmen zu einem ganztägigen Workshop am 4. Dezember 2024 ein. 

Innerhalb der Business Upper Austria arbeiten der Kunststoff- und Mechatronik-Cluster an den Projektaktivitäten, um KMU und Midcaps (bis 3.000 Mitarbeiter) bei der zirkulären Transformation zu unterstützen. 

Quellen: 

Implementation of circular economy approaches in the electrical and electronic equipment (EEE) sector: Barriers, enablers and policy insights von Vasileios Rizos und Julie Bryhn; Veröffentlicht im Journal of Cleaner Production 338 (2022) 

Zirkuläre Geschäftsmodelle – Wie zirkulär sind Unternehmen von Sarah Fluchs, Adriana Neligan, Carmen Schleicher und Edgar Schmitz; Veröffentlichung: IW-Report 27/2022 

Autorenbeschreibung: 

Michaela Streicher ist Projektmanagerin im Cleantech-Cluster (Business Upper Austria). Nach ihrem Eco Design Masterstudium arbeitet sie dort an den Themen Kreislaufwirtschaft, Bioökonomie, Eco Design und Wasserstoff. Mit ihr im Projekt CIRCOTRONIC arbeiten die Herren Grünwald (CTC) und Alber (MC). 

Eva Breuer ist Projektmanagerin im Mechatronik-Cluster der Business Upper Austria und leitet das EU-Projekt mit 14 Partnern aus 9 Donauraum-Ländern. Mitarbeit von Jennifer Quoc (MC) und Johannes Poldlehner & Vanessa Ikic (KC)